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  • Personal Coaching - ein Fall aus der Praxis

    Ein Karrierewechsel bekommt Konturen


    Erik Kautner (Name geändert) macht einen hervorragenden Job, ist karrieremäßig gut positioniert, aber spürt, dass er mit seiner Dynamik oft aneckt und seine Ideen bei Vorgesetzten und Kollegen nicht durchbringt. Er entschließt sich zu einem „Personal Coaching“ und gelangt zu erstaunlichen Einsichten. Ein Fall aus der Praxis,


    aufgeschrieben von Lydia Thea Blau.


    „Coaching? Was soll das?“, denkt so mancher. „Damit gebe ich ja zu, dass ich allein nicht mehr weiter komme!“


    Andere nutzen die Möglichkeit, sich mit einem Sparring-Partner auszutauschen, der mit Menschenkenntnis und Sachverstand die Situation von außen betrachtet, gute Fragen stellt, wertvolle Tipps und Hinweise gibt und mögliche Lösungen diskutiert. Viele fragen sich, wie eigentlich ein typisches Coaching abläuft. Die Antwort ist: Es gibt kein „typisches“ Coaching. Jedes Coaching ist anders. Ein Coach benötigt eine breite Palette von Methoden, Fragetechniken und Interventionsmöglichkeiten, um einen Coachee im Entwicklungsprozess gut begleiten zu können. Je nach Thema, Persönlichkeit des Gecoachten und je nach Auftrag variiert er seine Interventionen – und das immer auf der Basis einer langjährigen Erfahrung und einer tiefen, psychologisch fundierten Menschenkenntnis.


    Der folgende Fall repräsentiert ein Beispiel aus der Praxis und zeigt ein paar geläufige Tools aus der Werkzeugkiste eines Coachs. Es sollen hier nicht sämtliche Einzelheiten der Gespräche geschildert, sondern vor allem die wesentlichen Schritte im Coaching-Prozess dargestellt werden.


    Zweifel am Auftreten und der Überzeugungskraft


    „Mein Chef bestätigt mir, dass ich insgesamt einen hervorragenden Job mache. Aber gleichzeitig ecke ich auch immer wieder an. Er rät mir, ich solle mich mal ein bisschen mit meinen Vorschlägen zurückhalten. – Nur, meine Ideen sind wichtig. Sie bringen das Unternehmen voran, und das habe ich auch schon mehrmals bewiesen. Na ja, wahrscheinlich bin ich nicht diplomatisch genug.“


    So ungefähr schildert mir Erik Kautner seine Situation bei unserem ersten Telefonat. Er möchte in einem Coaching herausfinden, wie er seine Ideen für das Unternehmen besser an den Mann, sprich die Vorstände, aber auch an die Kolleginnen und Kollegen auf gleicher Ebene bringen kann. Gleichzeitig möchte er generell an seinem Auftreten, seiner Überzeugungskraft und seiner Ausstrahlung arbeiten. Er erklärt, dass seine Vorträge manchmal etwas nüchtern und trocken wirken und dass er gerne etwas mehr Frische und Lebendigkeit hineinbringen würde. Ich frage ihn, woran er denn den Erfolg des Coachings festmachen würde. Diese Frage stelle ich gerne am Anfang, um eine klarere Zielvorstellung zu bekommen und auch um das Ergebnis messbarer zu machen. „Ich würde es daran erkennen, wenn ich erstens auf meine Vorträge eine gute Resonanz bekäme und wenn ich zweitens wüsste, wie ich einen Vorschlag anbringen muss, damit er angenommen oder zumindest in Erwägung gezogen wird“, antwortet Erik Kautner. Diese Antwort genügt mir fürs Erste. Wir werden das Ziel bei unserem ersten Treffen noch weiter konkretisieren.


    Mein sympathischer Eindruck am Telefon bestätigt sich, als ich Herrn Kautner kennen lerne. Vor mir steht ein großer, schlanker junger Mann mit offenem Blick und entwaffnendem Lächeln. Er hat in einer mittelständischen Privatbank eine steile Karriere hinter sich und ist mit knapp 31 Jahren Bereichsleiter geworden. Obwohl seine Mitarbeiter deutlich älter sind als er, kommt er gut mit ihnen aus. Immerhin hat er bereits zwölf Jahre Berufserfahrung. Die Bank ermöglichte ihm, neben seiner Berufstätigkeit noch ein Wirtschafts-Studium zu absolvieren, in dem er sich auf das Thema Risiko-Management spezialisierte. Mit viel Talent und Fleiß und einem überraschend scharfen Weitblick hat er die Bank davor bewahrt, falsche Entscheidungen zu treffen, so dass sie nicht vom amerikanischen Immobilien-Crash getroffen wurde. Auch das ein Faktor, der seine Karriere beschleunigt hat.


    Vorsicht vor inneren Fragezeichen!


    Nachdem wir die genauen Ziele für den ersten Termin vereinbart haben, legen wir los. Es geht erst einmal um die persönliche Wirkung in Vortragssituationen. Ich schalte die Videokamera ein, und Erik Kautner zeigt mir eine typische Präsentation vor den Vorständen, in der er Markt-Risiken und mögliche nächste Schritte aufzeigt. Die Videoanalyse macht ihm deutlich, dass er seine Wirkung optimieren kann, indem er ruhiger steht und mit mehr Gestik seine Aussagen unterstreicht.


    Wir machen nun ein paar gestische „Trockenübungen“ ohne Video, bis er sich authentisch fühlt und ich als seine „Regisseurin“ zufrieden bin. Es ist wichtig, dass sich der Coachee bei allen Verhaltensänderungen ein Gefühl von Stimmigkeit und Authentizität bewahrt. Manchmal gelingt das nur, indem man an der entsprechenden Botschaft und der inneren Einstellung arbeitet, die sich natürlich spürbar nach außen überträgt. Hier jedoch scheint das zunächst nicht notwendig, denn Erik Kautner spricht gut auf die Verhaltens-Tipps an und kann sie schnell umsetzen und integrieren.


    Der nächste Aspekt ist der Stimmausdruck. Es geht dabei vor allem um die Stimmsenkung am Ende des Satzes, für die er zum ersten Mal ein Gespür entwickelt. Es klingt gewichtiger, wenn man in Gedanken ein Ausrufezeichen setzt: „Dieses Thema müssen wir unbedingt berücksichtigen!“ als wenn man – meist unbeabsichtigt –ein imaginäres Fragezeichen anhängt: „Dieses Thema müssen wir unbedingt berücksichtigen?“ Beim imaginären Fragezeichen hebt sich die Stimme am Ende des Satzes, statt sich zu senken. Den wenigsten Rednern ist bewusst, dass sie ihre Aussagen durch diese Art der Sprechmelodie mit vielen kleinen Fragezeichen ausstatten und sie dadurch auch indirekt in Frage stellen. Sie merken aber, dass der Satz durch die Stimmhebung am Schluss noch nicht zu Ende ist und schieben noch Satzteile nach, was dann zu Bandwurmsätzen führt. So auch bei Herrn Kautner, der jedoch überraschend schnell auch diese Anregungen aufnimmt und umsetzt. Die zweite Videoaufnahme zeigt ihn schon viel souveräner und gleichzeitig lebendiger. Wir feilen noch an der Foliengestaltung und dem Aufbau der Argumentation. Dann sitzt ein sichtlich zufriedener Coachee vor mir. Wir haben einen guten Einstieg in unsere Zusammenarbeit gefunden.


    Die Sache mit den „positiven Anregungen“


    Erik Kautners Hauptfragestellung gehen wir bei unserem zweiten Treffen an: „Ich möchte, dass meine Vorschläge als positive Anregungen aufgefasst werden – und ich würde mich natürlich freuen, wenn sie auch in die Realität umgesetzt würden“, erklärt er und sitzt mir ein wenig angespannt gegenüber. Ich frage ihn nach einer typischen Situation, die wir in einem Rollenspiel nachstellen können, so dass ich ein konkretes Bild davon bekomme, wie er seine Ideen kommuniziert. Ein Beispiel ist schnell gefunden. Ich erhalte die Rolle des Personalvorstands, der eine Hierarchiestufe über Herrn Kautner steht. Dieser hat ihn um einen Termin gebeten. Thema: Das intern laufende Assessment Center.


    Nach kurzer Begrüßung biete ich ihm (in der Rolle des Personalvorstands) einen Stuhl an und nehme selbst hinter meinem Schreibtisch Platz. Vor mir sitzt nun der junge Kollege mit gerunzelter Stirn und erläutert mir lebhaft und wortgewandt, dass unser Assessment-Verfahren nicht mehr auf dem neuesten Stand sei. Er erklärt mir engagiert, wie man das Ganze optimieren könne. Als Coach versetze ich mich noch tiefer in die Rolle des Personalers und merke, wie irritiert ich bin, dass mir hier ein junger Manager, der rein gar nichts mit meinem Fachgebiet zu tun hat und auch selbst nicht vom Assessment-Center betroffen ist, so ernsthaft und eindringlich seine Ideen schildert. Als hätte ich mir nicht selbst schon wegen der Sache Gedanken gemacht …


    Das „Aha“-Erlebnis im Rollenspiel


    Ich würde Herrn Kautner am liebsten väterlich auf den Rücken klopfen und sagen: „Junger Mann, lassen Sie das mal meine Sache sein“, um ihn dann freundlich zu verabschieden. Und genau das tue ich jetzt auch. „Genauso hat er reagiert!“ bricht es spontan aus meinem Coachee heraus, als ich ihn, noch in der Rolle des Personalvorstands, zur Tür begleite. „Er war seltsam zurückhaltend, ja eigentlich sogar etwas abweisend. ‚Wir kümmern uns schon, machen Sie sich mal keine Gedanken!’, hat er gesagt Und mich dann aus seinem Büro hinauskomplimentiert.“


    „Hm … Wie Sie sehen, habe ich das in der Rolle ähnlich erlebt, und mir ist die Frage gekommen, warum Ihnen dieses Thema eigentlich so am Herzen liegt“, stelle ich fest. „Ich habe Sie als sehr engagiert wahrgenommen, obwohl Sie doch weder vom Fachgebiet her noch persönlich betroffen sind.“ – „Oh, ich denke trotzdem immer darüber nach, was man alles im Unternehmen optimieren könnte“, erklärt er. „Ich habe schon ganze achtzig Seiten gefüllt mit den verschiedensten Verbesserungsideen zu allen möglichen Fachgebieten.“ – „Und diese achtzig Seiten mit Ideen … Was ist damit passiert? Oder was haben Sie damit vor?“, frage ich. „Ich habe versucht, sie den zuständigen Leuten zu verkaufen, aber meistens werde ich abgeblockt. Und dann muss ich mit ansehen, wie manche Dinge schief gehen.“ Erik Kautner schildert mir nun einige ungute Begebenheiten und Misserfolge, die hätten vermieden werden können, wenn man auf ihn gehört hätte. Ich erfahre, dass der frühere Vorstand sich oft mit ihm beraten und viel Wert auf seinen Input gelegt hatte. „Aber der neue Vorstand, ein altgedienter Kollege, blockt ab“, bemerkt Erik Kautner sichtlich enttäuscht.


    Ich komme wieder auf unser Rollenspiel zurück und fordere ihn auf, selbst einmal die Rolle des Personalvorstands zu spielen. Ich übernehme nun Erik Kautners Part und verhalte mich so, wie ich ihn wahrgenommen habe. Dabei versuche ich, möglichst genau seinen ernsthaften und engagierten Tonfall zu treffen. Als ich ihm nun lebhaft meine Ideen für das neue AC unterbreite, schaut er mich – noch aus der Rolle des Personalvorstands – recht reserviert und nachdenklich an. Dann steht er auf und sagt langsam: „Ich glaube, ich begreife. Es kommt ziemlich anmaßend rüber.“ Ich nicke. Der Groschen ist gefallen.


    Fragen statt Fordern … ein Herantasten


    Das, was ein Außenstehender sofort sieht, ist dem Akteur häufig nicht bewusst, da er sehr im Eigenen gefangen ist. Deshalb bringt es eine Menge, sich einmal von außen zu betrachten und die Frage zu stellen: Was tue ich da eigentlich, und wie kommt es beim anderen an? Und so gelangt man durch das Spielen der Antagonisten-Rolle oft zu wesentlichen Erkenntnissen.


    Erik Kautner spürt nun, dass sein Tonfall etwas Forderndes und Ungeduldiges hatte, was der Situation nicht angemessen war. „Du meine Güte“, wiederholt er. „Jetzt wird mir einiges klar…“ – „Zum Beispiel?“ frage ich vorsichtig und lasse ihm Zeit zum Nachdenken. Er schildert mir noch ein paar ähnliche Situationen, in denen er angeeckt ist und meint seufzend: „Dann sollte ich wohl besser meinen Mund halten.“ – „Nicht unbedingt“, werfe ich ein. „Gehen wir noch mal zurück zur letzten Situation. Und nehmen wir an, es wäre Ihnen außerordentlich wichtig, diese Idee für ein besseres Assessment rüberzubringen. Wie könnten Sie stattdessen vorgehen?“


    Und nun beginnt ein lebhafter Dialog, in dem wir alle möglichen Szenarien durchsprechen, praktisch durchspielen und schließlich hinsichtlich der Machbarkeit und der Erfolgsaussichten bewerten. Sieger ist folgende Option: In informeller Runde kommt Erik Kautner mit dem Personalvorstand ins Gespräch und fragt beiläufig, was der Vorteil des aktuellen Assessment-Verfahrens sei. Und gelangt darüber in eine anregende Diskussion, in der er erst einmal nur Fragen stellt, zum Beispiel auch, was denn an Neuerungen geplant sei. Nun kann er, wenn es sich aus dem Gesprächsfluss ergibt, seine eigenen Vorschläge anbringen. „Das überzeugt mich“, erklärt Herr Kautner. „Wenn ich das Motto ‚Lieber nachfragen als vorschlagen’ beherzige, habe ich größere Chancen, gehört zu werden. Mit anderen Worten: Es ist somit eher ein Fragen und Sich-Herantasten als ein Präsentieren und Unterbreiten.“ Seine Stimme klingt inzwischen ein wenig müde. Deshalb frage ich nach: „Wie geht es Ihnen denn jetzt mit der Erkenntnis?“


    Eine völlig neue Perspektive


    Nachdenklich und fast ein wenig ärgerlich kommt die Antwort: „Ja sicher, ich könnte so vorgehen. Ich weiß ja auch, dass das nicht meine Baustellen sind und ich mich da eigentlich in fremde Bereiche einmische. Aber ich kann nicht anders. Und ich stelle fest, dass es mich ziemliche Überwindung kostet, meine Vorschläge so zurückhaltend vorzubringen. Verstehen Sie, eigentlich möchte ich gar nicht anklopfen und vorsichtig fragen, sondern ich möchte selbst gefragt werden. Ich möchte mit meinen Ideen und Neuerungsvorschlägen gebraucht werden!“


    Ich merke, dass wir hier einem wesentlichen Thema auf der Spur sind. „So eine solide und konservativ aufgestellte Bank hat eben andere Werte“, werfe ich ein. „Genau. Manchmal frage ich mich, ob ich da überhaupt am richtigen Platz bin.“ – Aha! Ich schaue meinen Gesprächspartner fragend an, während sich sein Gesicht allmählich erhellt. „Ja, wissen Sie, ich habe mich vor einem Jahr bei einem jungen Consulting-Unternehmen vorgestellt … und die wollten mich sogar haben!“ – „Und dann?“ frage ich. „Alle haben aufgeschrien, als ich davon gesprochen habe. Wie ich denn den sicheren und hochdotierten Bankjob für eine mittelmäßig bezahlte und dazu noch unsichere Stelle in einer jungen Firma aufgeben könne!“ – „Wer ist ‚alle’?“ – „Na ja…“ (und nach einer langen Pause): „Vor allem meine Eltern.“ – „Und Sie selbst? Was waren Ihre Gedanken dazu?“ – „Mir ging es gut damit. Aber meine Eltern waren strikt dagegen und haben ein ganzes Wochenende auf mich eingeredet.“ – „Fürsorgliche Eltern wünschen sich für ihren Sohn Sicherheit und gutes Geld. Und es ist auch nachvollziehbar“, fahre ich fort, „dass ein guter Sohn seinen Eltern keine Sorgen bereiten möchte.“ Ich sehe, wie es in ihm arbeitet. Manchmal ist es wichtig, nicht zu schnell die Gegenposition einzunehmen („Na so was! Sie sind doch erwachsen. Lassen Sie sich doch von Ihren kleinkarierten Eltern nicht beeinflussen!“). Es ist oft günstiger, wenn sich der Coachee selbst auf dieses Gebiet vorwagt.


    „Ist es denn immer noch eine mögliche Option, den Job zu wechseln?“, möchte ich wissen und sehe, wie Kautners Augen kurz aufleuchten. „Ja, schon“, räumt er zögernd ein. „Ich könnte aber auch bleiben und Vorstand werden. Allerdings wird der mögliche Posten erst in einigen Jahren frei – und außerdem steht es in den Sternen, ob ich ihn bekomme.“ – „Nehmen wir mal an, Sie wären jetzt Vorstand. Was könnten Sie dann tun, was Sie jetzt nicht können?“ – „Ich könnte endlich, endlich wirklich etwas bewegen. Das ist es, was ich möchte! Ich möchte, dass andere meine Ideen wertschätzen, dankbar dafür sind, mich hören wollen und meine Gedanken mit mir diskutieren, um dann die Umsetzung zu planen. Und als Vorstand könnte ich die Dinge vorantreiben und durchbringen!“


    70 % aller Entscheidungen werden im „Bauch“ getroffen


    Wir besprechen nun diese Option etwas genauer. Es ist klar, das mein Coachee erstens eine längere Wartezeit in Kauf nehmen muss und zweitens nicht einmal sicher sein kann, ob er den Sprung nach oben überhaupt schaffen wird. So beleuchten wir auch andere Wege innerhalb des Unternehmens. Letztendlich wird deutlich, dass es eigentlich nur um zwei Optionen geht: GEHEN oder BLEIBEN. Ich schreibe zwei Kärtchen, eines für Gehen und eines für Bleiben und gebe Erik Kautner eines in die rechte und eines in die linke Hand. „Stellen Sie sich vor, Ihre Hände seien Waagschalen. Die Hand mit der für Sie bedeutungsvolleren und gewichtigeren Option kann nun langsam nach unten sinken.“ Er schließt seine Augen, hält seine Hände erst nebeneinander, bis sich die rechte Hand mit dem Kärtchen stetig und klar nach unten bewegt.


    Eine merkwürdige Technik? 70% aller Entscheidungen, so besagen aktuelle Untersuchungen, werden aus dem Bauch getroffen und erst anschließend vom Verstand begründet. Das geht so blitzschnell, dass wir den Prozess meist gar nicht mitbekommen und glauben, wir hätten eine verstandesmäßige Entscheidung getroffen. Geben wir doch einmal unserem Unbewussten die Chance, direkt zu uns zu sprechen, beispielsweise mit dieser Waagschalen-Imagination. Wenn wir ein klares Ergebnis erhalten, fragen wir erst einmal, wie es uns damit geht. Und dann können wir unseren Verstand einsetzen und die Option genau analysieren, bevor wir den endgültigen Entscheid treffen.


    Ein Karrierewechsel bekommt Konturen


    Erik Kautner signalisiert mir in diesem Moment klar, wie es ihm mit dem Ergebnis geht, denn er schaut mich lächelnd an: „Es ist die GEHEN-Option.“ – „Das scheint Sie zu freuen…“, bemerke ich. Er nickt. „Ich habe neulich im Internet recherchiert, welche interessanten Consulting-Firmen es aktuell am Markt gibt. Darunter sind zwei, die Unternehmen unterstützen, die sich in der Krise befinden und kurz vor der Insolvenz stehen.“ Mit leuchtenden Augen erklärt er mir, dass er mit seinem Wissen und seiner Ausbildung geradezu für solche Beratungen prädestiniert sei. Begeistert erzählt er, wie er einem befreundeten Studienkollegen, der mit der frisch vom Vater übernommenen Firma ins Straucheln geraten war, wieder auf die Beine geholfen hatte. „Das würde mir wirklich Spaß machen. Da könnte ich was bewegen!“


    Nachdem wir eine Weile diese Möglichkeit besprochen haben, frage ich: „Und was würden Ihre Eltern dazu sagen?“ Manchmal ist es gut, den Advocatus Diaboli zu spielen, um den Coachee auf Herz und Nieren zu prüfen. Will er seinen neuen Vorsatz wirklich umsetzen? Und in der Tat, Erik Kautners Euphorie bekommt einen kleinen Dämpfer. Trotzdem hält er fest: „Hm, die müssen das akzeptieren, die müssen das aushalten.“ Jetzt gehen wir wieder in die Praxis und proben in einem weiteren Rollenspiel, wie er seinen Eltern den Entschluss mitteilt. Nach ein paar Versuchen findet er die passenden Worte und kann auch gut mit ihrer möglichen Reaktion umgehen. Allerdings möchte er das Gespräch erst dann führen, wenn ihm die neue Stelle so gut wie sicher ist.


    Als wir uns schließlich voneinander verabschieden, rate ich meinem Coachee: „Schlafen Sie mal eine oder mehrere Nächte darüber und prüfen Sie, ob sich alles für Sie immer noch stimmig anfühlt.“ – „Das tue ich“, verspricht er. „Und ich halte Sie auf dem Laufenden!“


    Drei Monate später erhalte ich eine E-Mail: „Hallo liebe Frau Blau, ich hoffe es geht Ihnen gut! Ich kann Ihnen auf alle Fälle sagen, dass mir nahezu alle Teile unserer gemeinsamen Gespräche immer noch präsent sind. Ich wollte Ihnen insbesondere mitteilen, dass ich die Firma verlasse und bei einer kleinen Unternehmensberatung anfangen werde. Ich bin sehr gespannt auf meine neue Aufgabe. Herzliche Grüße und nochmals vielen Dank, Ihr Erik Kautner.“


    (aus: „Denkpausen“, Edition Nr. 7, September 2009, herausgegeben von der Management School St. Gallen)



  • Erfolgsfaktor Personal Performance

    Der Erfolg eines Managers hängt sehr stark von seiner persönlichen Wirkung ab. Wie schafft er es, andere für seine Ziele zu gewinnen, wie stark trägt er zur Motivation seiner Mitarbeiter bei, wie mitreißend präsentiert er seine Ideen?


    Ein Gespräch mit Lydia Thea Blau, Referentin des Seminars „Personal Performance“.


    Denkpausen: Frau Blau, reden wir mal deutsch! Was bedeutet „Personal Performance“?


    Lydia Thea Blau: Das bedeutet nichts anderes als persönliche Wirkung und auch Wirksamkeit: Wie wirke ich, und wie wirksam, wie effizient kommuniziere ich mit anderen? Das bezieht sich auf die Ausstrahlung, Präsenz, Überzeugungskraft und Souveränität in den verschiedensten Situationen. Man überzeugt andere nicht nur durch fachliche Kompetenz, sondern vor allem durch Persönlichkeit.


    Wir sprechen also von einem Kommunikationstraining?


    Nicht nur. Im Gegensatz zu einem klassischen Rhetorik- oder Kommunikationstraining ist hier besonders die nicht-verbale Ebene im Fokus, welche die persönliche Ausstrahlung eines Menschen ausmacht. Sage ich zum Beispiel „Mir geht es blendend!“ und verdrehe dabei die Augen und ziehe die Mundwinkel nach unten, dann nimmt mir niemand den Inhalt meiner Warte ab, denn die Hauptbotschaft überträgt sich auf der nicht-inhaltlichen Ebene: durch meine Körpersprache.


    Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Wirkung, die wir auf andere ausüben, zu 90% durch das WIE entsteht und nur zu etwa 10% durch das, WAS wir inhaltlich sagen …


    Genau. Und mit diesem geheimnisvollen WIE beschäftigt sich das Seminar. Ich trainiere mit den Teilnehmern eine neue Form des Körperbewusstseins, so dass sie in die Lage versetzt werden, ihre Körpersignale und deren Wirkung wahrzunehmen und bewusst zu steuern. Diese Übungen zur „Selbstkontrolle“ stammen übrigens aus der Schauspiel-Ausbildung. Dabei achte ich darauf, dass alle innerhalb ihres natürlichen Ausdruck-Spektrums immer authentisch bleiben und ihre persönliche, individuelle Überzeugungskraft entwickeln. Was beim einen überzeugend aussieht, kann beim anderen künstlich und aufgesetzt wirken.


    Wir lernen also Schauspiel-Techniken. Wo bleibt denn da die Authentizität?


    Authentisch sein heißt, drei Bereiche in Übereinstimmung zu bringen: was ich im Inneren fühle, was ich davon bewusst mitbekomme und was ich davon nach außen hin sichtbar werden lasse. Durch die Schauspieltechniken erlangen die Teilnehmer eine neue Flexibilität im Umgang mit Stimme und Körper. Sie können bewusster auswählen, was sie nach außen hin zeigen, und wie.


    Ist denn Authentizität überhaupt erweiterbar?


    Wenn ich übe, etwas mit einer bestimmten, vorher nicht genutzten Ausdruckskraft zu sagen, kann das auf mich und meine Umwelt zunächst merkwürdig künstlich wirken. Je häufiger ich das aber tue, desto mehr kann ich mir das neue Verhalten zu eigen machen, so dass es bald zu meinem natürlichen und spontanen Repertoire gehört und völlig authentisch wirkt …


    … sich also Lernschritte in Automatismen verwandeln?


    So läuft ja generell der Prozess, wenn ich etwas Neues lerne. In der ersten Fahrstunde ist Autofahren erst einmal eine anstrengende Angelegenheit, weil man sehr viel beachten muss. Je mehr ich übe, desto weniger muss ich überlegen, desto natürlicher und schneller sind meine Reaktionen.


    Und das lässt sich dann auch auf neue Verhaltensweisen übertragen?


    Ja, bis zu einem gewissen Grad. Man kann keine Person völlig umkrempeln. Aber man kann das Ausdrucks- und Verhaltensspektrum jedes Menschen erweitern, indem man Persönlichkeitsanteile aktiviert, die zwar vorhanden sind, aber bisher vernachlässigt wurden. Es gibt daher auch Teilnehmer, die plötzlich neue Seiten an sich entdecken. Häufig kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu, von dem die meisten überrascht sind: Wenn ich von außen etwas verändere, also zum Beispiel meinen Körper aufrichte, hat das auch einen Einfluss auf mein Inneres: Ich fühle mich sicherer, kann tiefer atmen und klarer denken. Wir arbeiten also nicht nur am Ausdrucksverhalten nach außen, sondern auch an der inneren Einstellung, am Umgang mit Emotionen und mit Stress. Wir gehen dabei sowohl von außen nach innen vor, als auch von innen nach außen.


    Erklären Sie uns das bitte!


    Unsere innere Einstellung ändert sich, sobald wir die Körperhaltung und den Körperausdruck verändern, da beides miteinander verknüpft ist. Oder aber durch eine innere Neuorientierung verändert sich auch unser Ausdruck nach außen hin.


    Mit welchen Themen kommen die Teilnehmer?


    Im Personal Performance Training geht es um Präsentationen, Meetings, Verhandlungen, schwierige Gespräche und um die Optimierung der Art und Weise, wie man vorgeht, um seine Ziele zu erreichen, Die Teilnehmer kommen meist mit konkreten Anliegen: Unsicherheit bei einer Präsentation oder bei einem wichtigen Kundengespräch. Manche möchten auch wissen, wie sie sich bei ihrem Vorgesetzten oder Mitarbeitern durchsetzen können. Andere hätten gerne Tipps, wie sie sich in Meetings besser einbringen und präsenter sein können.


    Sie sprechen von „präsentem Auftritt“.


    Es bedeutet, optimal Raum und Zeit zu nutzen, wenn man etwas vor einer Gruppe präsentiert. Wir trainieren, Lampenfieber abzubauen, Spannung aufzubauen, zu halten und die Aufmerksamkeit des Publikums bewusst zu steuern. Dabei nutzen wir ein paar alte Bühnenregeln, die ganz einfach zu erlernen sind und eine sehr prägnante Wirkung erzeugen. Dann beschäftigen wir uns konkret mit den Beispielen aus dem Berufsalltag der Teilnehmer. Wir arbeiten individuell an der persönlichen Wirkung und den Möglichkeiten, die selbst gesteckten Ziele zu erreichen.


    Kommt dabei auch die verbale Ebene ins Spiel?


    Ja. Es geht hier also nicht nur um den Körper- und Stimmausdruck, sondern auch um Feinheiten in der Formulierung. Denn auch die Worte, die wir benutzen, machen einen Teil unserer Wirkung aus. Oft reicht es schon aus, an der inneren oder äußeren Haltung zu arbeiten und schon stellen sich wirksame und passende Formulierungen von selbst ein.


    Welche Themen gibt es noch im Personal Performance Seminar?


    Oft taucht die Frage auf, wie man die eigenen Emotionen in schwierigen Situationen in den Griff bekommt. Dazu gibt es ein paar wunderbar schnelle und wirksame Techniken, die hilfreich sind, wenn man aus der Balance geraten ist. Je nach Teilnehmer-Interesse behandeln wir auch Fragen zu Umgangsformen und Etikette. Wer begrüßt wen zuerst? Wer wird wie angesprochen? Häufig besteht auch Interesse am Thema Smalltalk. Ich biete auch Übungen an, die das Reaktionsvermögen trainieren und aus dem Improvisations-Theater stammen.


    Wie kommen Teilnehmer mit den Anforderungen des Seminars zurecht? Erleben Sie auch solche mit Hemmungen?


    In meinen Seminaren sitzen manchmal Teilnehmer mit Hemmungen. Da ich viel Wert auf eine vertrauensvolle Atmosphäre lege – und auch die Teilnahme an allen Übungen freiwillig ist-, werden Hemmungen Schritt für Schritt abgebaut. Wenn am Ende noch Zeit ist, gibt es als „Bonbon“ manchmal eine Theaterübung mit richtigen Rollen. Da überrascht plötzlich der stille, zurückhaltende Kundenbetreuer mit unerwarteter Überzeugungskraft, wenn er begeistert einen charismatischen Modefürsten spielt! Am wichtigsten ist mir jedoch, dass alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer Tipps und Verhaltensmöglichkeiten für konkrete Anliegen mitnehmen und das Bewusstsein für ihre persönliche Ausstrahlung und ihren Handlungsspielraum erweitern.


    (aus: „Denkpausen“, Edition Nr. 1, November 2006, herausgegeben von der Management School St. Gallen)

  • Schauspielkurse für Manager

    Schauspielkurse für Manager haben Hochkonjunktur


    Spiel’s noch einmal, Chef

    von Dirk Engelhardt


    Im Geschäftsleben spielt jeder seine Rolle – mal mehr, mal weniger perfekt. Wie man Oscar-reif wird, verraten Theater-Seminare für Manager. Jeder Mensch spielt eine Rolle. Und in der kommt es auf Körpersprache und Stimmbeherrschung an. Beides lässt sich im Seminar „Schauspielern“ trainieren.


    HB DÜSSELDORF. Für den Oscar qualifiziert die Szene noch nicht: „Hallo!“ – „Hallo!“. „Wartest Du schon lange?“ – „Schon seit Ewigkeiten!“. So leicht kann Schauspieltraining für Manager sein: Beim ersten Bühnenauftritt spielen die acht Teilnehmer des Seminars eine scheinbar idiotensichere Szene. Der Text macht keine Schwierigkeiten. Auch Betonung und Satzmelodie sitzen – bei den vier Paaren, die sich für ein Wochenende in einem Berliner Hotel eingefunden haben. Schließlich hat jeder schon mal eine ähnliche Situation erlebt. Das Geschäftsleben ist manchmal wie ein großes Schauspiel – und um erfolgreich zu sein, muss fast jeder irgendwann eine Rolle spielen. Kein Wunder, dass Schauspielkurse für Manager Hochkonjunktur haben.


    Im Gegensatz zum klassischen Rhetoriktraining legen diese Seminare den Akzent auf die non-verbale Seite der Kommunikation. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Wirkung eines Auftritts nur zu etwa zehn Prozent durch den Inhalt des Gesagten entsteht: Ob man einen überzeugenden Eindruck hinterlässt, das hängt zum großen Teil am Wie. Dieses „Wie“ lässt sich trainieren. „Verbesserter Körperausdruck“, „mehr Präsenz“ oder eine „positive Gesamtwirkung“ bei Gesprächen oder Vorträgen – wer möchte das nicht? Beim Wochenendseminar des Weiterbildungsanbieters Management Circle bringt die nächste Schwierigkeitsstufe die Schauspielschüler in ungeahnte Probleme: Die eher unterwürfige Frage „Wartest Du schon lange?“ soll jetzt nämlich ganz überlegen klingen, einen so genannten „Hochstatus“ annehmen.


    Die eigentlich eher zickige Antwort „Schon seit Ewigkeiten“ dagegen muss den unterlegenen „Tiefstatus“ bekommen. Erreichen sollen die Teilnehmer dies über ihre Körperhaltung, die Stimmlage und die Satzmelodie. Schweißausbrüche mittleren Ausmaßes bahnen sich schon bald ihren Weg.


    „Ich kann nicht lügen“, beschreibt Verona Niederberghaus (Name geändert) ihre Motivation, am Training teilzunehmen. Für die Projektmanagerin eines Telekommunikationsunternehmens sei diese Einstellung schon öfter ein Hindernis im Berufsleben gewesen. Vom Schauspieltraining erhofft sie sich nun Kniffe, gelegentlich in Gesprächen die harte Wahrheit geschickt zu umgehen.


    Am Ende des ersten Seminartages in einem Berliner Hotel von „Schauspieltechniken für Manager“ darf Verona mit den anderen Teilnehmern zur Belohnung in die Rolle des Schauspiellehrers schlüpfen und die Videoaufzeichnung des „Kanzler-Duells“ Schröder gegen Stoiber analysieren. Darstellerisch kassiert Stoiber erheblich mehr Minuspunkte für sein hektisches Augenzwinkern, die fahrigen Gesten und die schrägen Blicke in unbestimmte Richtungen. „Viel zu viel Tiefstatus!“ analysiert einer der Teilnehmer.


    Der Bedarf an solchen Seminaren ist groß: „Das Schauspieltraining gehört eindeutig zu unseren Erfolgsseminaren im Bereich Soft Skills“, sagt Barbara Rübsam vom Management Circle. „Die Auslastung der vergangenen 20 Seminare lag im Durchschnitt bei elf Personen, wobei die Teilnehmerzahl auf zwölf begrenzt ist.“


    Dennoch sind viele Unternehmen verunsichert, was sich genau hinter den Schauspielseminaren verbirgt. Manche Personalverantwortliche großer Firmen befürchten, dass ihr Fortbildungsbudget für einen spaßigen Theaterkurs missbraucht würde. Andere Unternehmen verlangten schon mal, dass auf der Seminarabrechnung der Titel von „Schauspiel-“ zu „Kommunikationstraining“ geändert wird.


    Offener geht dagegen Markus Michaelis, 32, mit dem Seminar um. Der Inhouse- Berater bei der Basler Versicherung ist beruflich mit Prozessanalysen und Optimierungen befasst. „Weil ich im Rahmen meiner Tätigkeit auch Workshops moderiere, war ich daran interessiert, mehr über den Menschen, seine Verhaltensweisen und Möglichkeiten der Darstellung zu erfahren.“ Die Investition hat sich nach seiner Meinung gelohnt: „Ich habe gelernt, Signale meiner Kollegen bewusster wahrzunehmen und darauf zu achten.“


    Die Körpersprache der anderen zu verstehen, ist jedoch nur eines der Ziele eines Schauspielseminars. Im Mittelpunkt der Seminare steht, die eigene Körpersprache kontrollieren zu lernen, in bestimmten Situationen improvisieren zu können und sich selbst bewusster wahrzunehmen.


    Dazu gehört es auch, andere genau zu beobachten. Die Chance bietet sich allen, denn sie müssen nicht an jeder Übung teilnehmen: Für Susanne Alwart von der Agentur Heinze + Alwart ist Freiwilligkeit bei den Schauspielseminaren oberstes Prinzip: Nach dem Motto „Jeder darf – keiner muss“ können die Teilnehmer entsprechend ihrer Tagesform zuschauend lernen oder sich aktiv engagieren.


    Wer ein Seminar mitgemacht hat, schaut erfahrungsgemäß die nächsten Wochen bei jeder Geste des Gegenübers genau hin und hat es leichter zu sehen, was gespielt und was echt ist. „Im Grunde fängt die Arbeit erst nach dem Seminar an“, ermahnt deshalb Kursleiterin Lydia Dappen die Teilnehmer.


    Zum Schluss macht sie ihnen noch ein paar lautstarke Stimmübungen vor, die Artikulation und Stimme verbessern sollen. Diese Übung allerdings ist nichts für Großraumbüros: „Bitte machen Sie das nur im Bad, im Auto oder im Fahrstuhl.“


    Quelle: Handelsblatt, 4.10.2002

  • Inneres nach außen tragen

    Lydia Thea Blau, Theaterpädagogin, Regisseurin und Trainerin über eine neue Form des Körperbewusstseins


    Was ist das Besondere an Ihren Coachings für den überzeugenden Auftritt?


    Im Gegensatz zu einem klassischen Rhetoriktraining oder auch Kommunikationstraining, achte ich in meinen Coachings vor allem auf die non-verbale Ebene, die die persönliche Ausstrahlung eines Menschen ausmacht. Wissenschaftler haben herausgefunden, daß die Wirkung, die wir auf andere ausüben, zu 90% durch das WIE unseres Auftritts entsteht und nur zu etwa 10% durch das, WAS wir inhaltlich sagen. Und auf dieses geheimnisvolle WIE beziehen sich meine Coachings. Ich trainiere mit meinen Kunden eine neue Form des Körperbewußtseins, so daß sie selbst in die Lage versetzt werden, ihre Körpersignale und deren Wirkung wahrzunehmen und bewußt zu steuern. Dabei achte ich darauf, daß sie innerhalb ihres natürlichen Ausdruck-Spektrums immer authentisch bleiben und jeder seine persönliche, individuelle Überzeugungskraft entwickelt. Das, was bei dem einen überzeugend aussieht, kann bei jemand anderem künstlich und aufgesetzt wirken.


    Kann man durch Erlernen von Schauspieltechniken tatsächlich authentischer wirken?


    Ja das kann man. Authentisch sein heißt, drei Bereiche in Übereinstimmung zu bringen: Das was ich im Inneren fühle, was ich davon bewußt mitbekomme und drittens, was ich davon nach außen hin sichtbar werden lasse. Durch die Schauspieltechniken erlangen die Teilnehmer ein Bewußtsein und Flexibilität im Umgang mit Stimme und Körper, so daß sie bewußter auswählen können, was sie nach außen hin zeigen und wie sie es zeigen. Häufig kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu, von dem die meisten überrascht sind: Wenn ich von außen etwas verändere, also z.B. meinen Körper aufrichte, hat das auch einen Einfluß auf mein Inneres: Ich fühle mich sicherer, kann tiefer atmen und klarer denken.


    Wie sieht ein Seminartag bei Ihnen konkret aus?


    Die Teilnehmer kommen mit einem persönlichen Anliegen, z.B. Unsicherheit bei einer Präsentation oder bei einem wichtigen Kundengespräch. Manche möchten auch wissen, wie sie sich bei Ihrem Vorgesetzten oder auch Mitarbeiter durchsetzen können. Damit jeder genug Zeit für sein Anliegen bekommt, habe ich die Teilnehmerzahl auf 12-13 Personen begrenzt. Das ist für alle sehr angenehm. Man findet schnell Kontakt und eine vertrauensvolle, arbeitsintensive Atmosphäre stellt sich schnell ein.


    Ich beginne meistens mit Aufwärm- und Wahrnehmungsübungen, um die Teilnehmer für eigenen und fremden Körperausdruck zu sensibilisieren. Wir gehen dann ganz allmählich in die ersten Darstellungs-Sequenzen, schauen uns die typischen Körper-Signale von Unter- und Überlegenheit an und erweitern Schritt für Schritt das eigene Ausdrucks-Spektrum. Es geht weiter mit Stimm- und Sprechtraining und schließlich in die szenische Improvisation. Am zweiten Tag beschäftigen wir uns konkret mit den individuellen Beispielen aus dem Berufsalltag der Teilnehmer. Viele wünschen sich Feedback und zeigen kurze Ausschnitte aus Gesprächen, Präsentationen oder Vorträgen und wir arbeiten dann individuell an der persönlichen Wirkung.


    Wie kommen Teilnehmer mit den Anforderungen des Seminars zurecht? Haben Sie in Ihrer Laufbahn beispielsweise auch schon Teilnehmer mit Hemmungen für Ihre Methode erlebt?


    In meinen Seminaren sitzen viele Teilnehmer mit Hemmungen. Da ich behutsam anfange und viel Wert auf eine vertrauensvolle Atmosphäre lege, und auch die Teilnahme an allen Übungen freiwillig ist, werden Hemmungen Schritt für Schritt abgebaut. Wenn am Ende noch Zeit ist, gibt es als „Bonbon“ manchmal noch eine Theaterübung mit richtigen Theater-Rollen. Das ist oft überraschend, wenn z.B. der stille, zurückhaltende Kundenbetreuer plötzlich mit unerwarteter Überzeugungskraft und Begeisterung einen autoritären Despot spielt. Am wichtigsten ist mir jedoch, daß jeder Teilnehmer Tipps und Hinweise für sein Anliegen mitnimmt und das Bewußtsein für seine persönliche Ausstrahlung erweitert.


    Interview: Tanja Lauton, Business Bestseller Nr. 4/2001

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